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Test Fuji XT2, ein Erfahrungsbericht aus der Sicht eines Hochzeitsfotografen
Um es gleich mal vorneweg zu sagen, dieser Bericht ist nicht unbedingt der positivste den es im Internet über die Fuji XT2 zu lesen gibt. Vieles was ich hier schreibe, ist nicht für jeden relevant und so manch einer wird einiges anders sehen. Ich konnte mir aber Ende letzten Jahres und Anfang diesen Jahres ein ganz gutes Bild davon machen, ob die Fuji XT2 zu mir und meiner Arbeit als Hochzeitsfotograf passt.
Mein fotografischer Fuji Hintergrund
Die Fuji XT2 ist, was das Fuji-System anbelangt, kein Neuland für mich. Ich nutze seid mehreren Jahren für meine privaten Bilder Fuji Kameras. Angefangen hat es mit der X100s und ging dann weiter mit der Fuji XT10, die ich immer noch im privaten Bereich sehr intensiv nutze. Aus diesem Grund gehören auch ein paar Fuji-Objektive zu meiner Ausrüstung. Das Fuji 1.4/23, das 1.4/35 sowie das 1.2/56, die am Vollformat den Brennweiten 35mm, 50mm und 85mm entsprechen. Neu hinzugekommen ist das 2.0/90mm entsprechend der 135mm Brennweite.
Ich habe im Grunde genommen nur darauf gewartet, dass Fuji einen zweiten Speicherkarten-Slot in seinen Kameras verbaut, um Fuji auch im Einsatz bei meinen Hochzeiten zu verwenden.
XT2 für die Hochzeitsfotografie
Um die Frage gleich mal am Anfang zu stellen: „Ist die Kamera für Hochzeiten geeignet?“ So muss ich dies mit einem klaren JEIN beantworten.
Unter dem Strich bin ich sogar von der Performance der Kamera enttäuscht. Das liegt aber vielmehr an diesen extrem gepuschten Berichten die voller Lobhudeleien sind, als an der Kamera selbst.
Ach was konnte man im worldwide web nicht alles lesen, von einem super schnellen Autofokus, einem phänomenalen Tracking bei bewegenden Motiven, von super Low Light Qualität und einem perfekt funktionierenden Autofokus bei schlechten Lichtbedingungen. Und genau dies kann ich leider aus meiner eigenen Erfahrung nicht bestätigen. Was aber daran liegt, wie ich auf Hochzeiten fotografiere. Aber jetzt erst mal eins nach dem anderen.
Handling und Qualität des Kamerabodys.
Ich mag das Konzept der Fuji-Kameras, ja ich liebe es sogar. Und da reiht sich die XT2 klar als Klassenbester ein. Alle Bedienelemente sind durchdacht angeordnet und gut zu erreichen. Besonders löblich sind die beiden Arretierknöpfe auf der Oberseite des ISO- und Belichtungswählrades. Durch Druck des Knopfes können die beiden Räder festgestellt werden, so dass ein unbeabsichtigtes Verstellen des ISO-Wertes oder der Belichtungszeit vermieden wird. Da ich die Kamera in Hüftnähe am Körper trage, passiert dies nur allzu häufig.
Die Kamera hat ein angenehmes Gewicht und bietet gerade zu etwas schweren Objektiven wie das 1.2/56mm oder das 2.0/90mm einen guten Ausgleich, so dass die Kamera gut in der Hand liegt.
An negativen Punkten muss ich erwähnen, dass mir beim Shooting ein paar mal das Batteriefach ungewollt aufgegangen ist. Dies liegt ebenfalls daran wie ich die Kamera am Körper hängen habe.
Die Menüführung finde ich nicht sonderlich gut, insbesondere wenn man gleiche Aktionen immer wieder ausführen muss. Will ich zb. eine Speicherkarte formatieren, muss ich 11mal irgendwelche Knöpfe drücken. Will ich auch die zweite Speicherkarte formatieren, muss ich die gleichen 11 Knöpfe wieder drücken. Finde ich nicht wirklich durchdacht. Auch dass man bei der Uhrzeit keine Sekunden definieren kann finde ich etwas altbacken, gerade wenn man wie ich mit mehren Kameras fotografiert, sollten alle die exakt gleiche Zeit besitzen. Zum Glück ist es so, dass wenn man bei der XT2 die Minuten einstellt, die Sekunden bei null beginnen.
Und dann gibt es noch das Thema Back Button Fokus. Ist machbar, aber macht nicht wirklich Spass, da die beiden hinteren Knöpfe für mich und meine Handgrösse nicht gut liegen, und diese auch zu tief im Gehäuse sind, um dauerhaft Spass damit zu haben. Meine Finger finden automatisch eher das mittlere Wählrad, als eine der beiden Knöpfe, so dass ich das mit dem Back Button Fokus wieder gelassen habe.
Bildqualität der Fuji XT2
Ich habe mir diesmal nicht die Arbeit mit verschiedene Vergleichsaufnahmen gemacht, sondern mich der wunderbaren Grafiken und Auswertungen auf dpreview.com bedient.
Für mich sind insbesondere zwei Faktoren interessant. Der Dynamikumfang und das Rauschen im hohen ISO Bereich.
Dynamikumfang
Grundsätzlich ist der Dynamikumfang der XT2 gut und für die meisten meiner Bilder ausreichend. Dennoch bin ich etwas enttäuscht, da der Dynamikumfang an der älteren XT10 besser war. Dies ist natürlich der geringeren Auflösung des kleineren Bruders geschuldet, die ja nur 16 MP auflöst, gegenüber den 24MP der XT2.
Im Vergleich zu anderen Kameras ist die XT2 vom Dynamikumfang deutlich schlechter wie die D750 bzw D810, oder auch der neuen Canon 5D Mark IV, und sogar etwas schlechter wie die D5, die ja bekanntlich im niedrigen ISO Bereich kein Dynamikmonster ist. Sie ist allerdings immer noch besser wie die Canon 5D Mark III.
Wenn ich also für Bilder eine Kamera mit hohen Dynamikumfang brauche, ist die XT2 für mich nicht die erste Wahl, da ich hier mit der D750 oder der D810 deutlich bessere Kameras zur Verfügung habe.
Hoher ISO Bereich
Auch hier sind die Werte OK. Die XT2 siedelt sich ca. eine Blende schlechter wie die D750, D5 oder auch der Canon 5D Mark IV ein. Praktikabel haben sich für mich Werte bis ISO 3200 herausgestellt oder noch akzeptabel bis ISO 6400. Hier sollte man dann aber möglichst genau belichten. Grundsätzlich ist aber die Bildqualität für eine Kamera mit Crop-Sensor im hohen ISO-Bereich echt super.
Grundsätzlich mag ich die Files, die aus der XT2 kommen. Sehr schöne neutrale Farben mit einem sehr neutralen Weissabgleich.
AF-Performance und Geschwindigkeit
Der AF der XT2 is eine deutliche Weiterentwicklung zum AF der XT10, und Fuji befindet sich hier auf einem richtigen Weg, allerdings kommt der Autofokus nicht an den einer Spiegelreflexkamera ran. Und dabei ist es noch nicht mal die Schnelligkeit des AF der mich stört, sondern die Zuverlässigkeit. Ich fotografiere sehr dynamisch und verändere immer wieder meinen Bildausschnitt, oft nur in kleinen Bewegungen, dabei ist bei meinem Spiegelreflexkameras der Back Button Fokus von grossen Nutzen. Da ich den an der XT2 nicht mag, muss ich öfters nachfokusieren, und dabei passiert es mir immer wieder, dass ab und an der AF nicht greift, gerade bei schwierigen Lichtsituationen.
Mir ist es schon bei einem Ringwechsel passiert, dass beim ersten Bild der AF gut gegriffen hat, als ich aber nochmal nachfokussiert habe, der Autofokus nicht mehr das Motiv erfasst hat, so dass ich kein weiteres scharfes Bild hinbekommen habe. Ich hatte in der Situation leichtes Gegenlicht durch ein Fenster. Auch bei anderen Szenen, die oftmals sehr hektisch werden, wie z.b Gratulationen nach der Kirche, habe ich viel Ausschuss mit der XT2, da der AF nicht schnell genug, aber vor allem nicht zuverlässig genug funktioniert.
Wie gesagt, dass mag an meiner Art des Fotografierens liegen, aber ich habe hier noch keine Einstellungen gefunden, mit denen ich ausreichend zufrieden war.
Wenn ich mal so ein internes Ranking meiner Kameras machen würden, was die gefühlte AF-Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit anbelangt, dann würde das so aussehen.
- Platz 1 Nikon D5
- Platz 2 Nikon D750
- Platz 3 Nikon D810
- Platz 4 Fuji XT2 mit der Canon 5D Mark III ca gleichwertig
Alles rein vom Gefühl her, und nicht durch Messwerte belegt.
Weitere positive Merkmale der XT2 sind:
- Die Serienbildgeschwindigkeit von 8 Bilder/s, die sogar bis auf 11 Bilder/s durch Einsatz des Batteriegriffs gesteigert werden kann. Ebenso ist der Buffer beachtlich, es können bis zu 26 Raw-Bilder in Folge gemacht werden, bis die Kamera deutlich langsamer wird. Das ist deutlich besser wie die D750 und auf Niveau der D810.
- Der mechanische Verschluss belichtet bis 1/8000, und durch Einsatz des elektronischen Verschlusses können Belichtungszeiten bis zu 1/32000 realisiert werden. Hier kommt keine Spiegelreflexkamera mit. Ein Riesenvorteil beim offenblendigen Fotografieren bei starken Sonnenlicht.
- Die Fuji löst sehr leise aus, und durch Einsatz des elektronischen Verschlusses kann das Auslösegeräusch komplett ausgeschaltet werden.
Einsatzbereich in der Hochzeitsfotografie
OK jetzt bin ich mal einiges an Kritik losgeworden. Beleuchten wir doch die XT2 mal aus der Sicht des Einsatzzweckes für mich in der Hochzeitsfotografie.
Reportage
Einsatz der XT2: Nein nicht wirklich! Und das aus dem Grund den ich unter AF-Performance geschildert habe. Ich habe es versucht, aber in der Reportage können Situationen schnell mal hektisch werden, und da benötige ich eine zuverlässige Kamera vor allem mit einem sehr zuverlässigen Autofokus. Und genau da bin ich mit der D5 und auch der D750 sehr verwöhnt. So dass ich in Situationen, wo ich von vornherein weiss, dass es hektisch wird, nicht zur XT2 greifen werde.
Portraits
Ein grosser Vorteil der XT2 ist der Elektonische Sucher. Man sieht durch den Sucher in Echtzeit wie das Bild belichtet aussieht. Ein Live View am Auge. Das hat den grossen Nutzen, das man Licht noch viel intensiver sehen und damit spielen kann.
Dennoch ist der Einsatzzweck für mich ein klares Nein. Und das liegt an der Schönheit der Objektive. Ich liebe es Offenblendig zu fotografieren und ein Teil meiner Nikon-Objektive besitze ich aufgrund der schönen Abbildungsleistung, wie z.b. das Nikon 1.4/58 mm oder das 1.4/105 mm. Und da kommen die Fuji-Objektive einfach nicht ran, da sich hier der Unterscheid zum Vollformatsensor bemerkbar macht. Das muss natürlich jeder für sich entscheiden. Da ich aber immer denken würde, es geht am Vollformat schöner, kommt die Fuji nicht zum Einsatz.
Hier ein nicht gerade fairer Vergleich zwischen Nikon D5 mit dem 1.4/105mm und der XT2 mit dem 1.2/56. Aber ich denke ihr wisst worauf ich hinaus will.
Nikon D5, 1.4/105mm
Fuji XT2 1.2/56mm
Nikon D5 1.4/105mm
Fuji XT2 1.2/56mm
Das Fuji 1.2/56 bildet ca wie mein 1.8/85 ab, nur dass das 1.8/85 offenblendig mehr Details auflöst wie das 1.2/56.
Ok, wenn also nicht Reportage und nicht bei den Portraits, wann macht denn dann noch der Einsatz Sinn.
Und jetzt kommen wir mal zu den echten Vorteilen, in denen die Fuji punkten kann. Und das ist die Unauffälligkeit. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Faktor. Mit der Fuji am Auge ist man deutlich weniger auffällig und wird als Fotograf viel weniger wahrgenommen.
Dies macht sich insbesondere zu drei verschiedenen Zeitpunkten des Tages bemerkbar.
Kirche
Von vornherein, war die Fuji für mich als Einsatz in der Kirche gedacht, und das macht sie sehr gut. Wunderbar Leise, Klappmonitor auf der Rückseite, leicht und unauffällig. Bisher hatte ich in der Kirche immer die Canon 5D Mark III im Einsatz in Kombi mit dem 2.8/70-200. Diese Kombi wurde durch die XT2 mit dem 2.0/90 ersetzt.
Was ein Unterschied an Größe und vor allem Gewicht.
Canon 5d Mark III mit dem 2.8/70-200 kommt auf ca. 2500gr,, dagegen die Fuji XT2 plus aufgesetztem 2.0/90mm auf gut 1000gr.
Da ich nach dem Motto Kamera bleibt am Auge fotografiere, ist das mit der Fuji deutlich entspannter.
Sektempfang und ähnliches
Meistens ist es an einer Hochzeit so, dass zum Zeitpunkt des Sektempfangs nach der Kirche, wenn die Gratulationen abgeschlossen sind etwas Ruhe einkehrt. Und das ist ebenfalls ein schöner Zeitpunkt, die Fuji aus der Kameratsche zu holen. Man kann sich sehr schön unter die Gäste mischen, ohne dass man als Fotograf wahrgenommen wird, und mit einer kleinen und leichten Kamera nette Momentaufnahmen der Gäste machen. Hier ist überwiegend das 1.2/56 bei mir im Einsatz.
Eine ähnliche Situation ist z.b. wenn die Gäste Platz fürs Abendessen eingenommen haben, und ich noch nicht mit Blitz fotografieren möchte. Hier macht es auch viel Spass, mit der Fuji durch die Reihen zu schlendern und schöne ruhige Momente zu fotografieren. Richtig Klasse dabei ist der Elektronische Sucher durch den man schön das Kerzenlicht sieht, und gut beurteilen kann, wo lichttechnisch schöne Bilder machbar sind.
Den Blitzeinsatz habe ich bei der Fuji nicht getestet, so dass ich mich darüber nicht auslassen kann.
Mein Fazit
Behalte ich sie oder nicht? Ja vermutlich werde ich die Fuji behalten und weiter bei meinen Hochzeiten zum Einsatz bringen.
Generell ist die XT2 eine gute Kamera. Mein Problem ist eher, dass ich bessere Kameras zur Verfügung habe, die mir in entscheidenden Situationen eine grösseres Maß an Zuverlässigkeit bringen, so dass es mir schwer fällt die Fuji als Ersatz für eine meiner Kameras zu sehen. Vielmehr ist sie für mich eine Ergänzung, so wie wenn man ein bestimmtes Objektiv für einen gewissen Zweck einsetzt.
Die XT2 hat mittlerweile einen sehr genau definierten Einsatzbereich zugeteilt bekommen, und dafür werde ich sie weiterhin nutzen.
Update 29.1.2018
Schon seit längerer Zeit wollte ich noch ein kleines Update zu meinem Fazit schreiben. Mittlerweile ist die Fuji XT2 nicht mehr in meiner Fototasche bei Hochzeiten dabei. Sie wird nur noch ausschliesslich für meine privaten Bilder genutzt, wo ich gerne leicht unterwegs bin.
Der ausschlaggebende Grund ist, dass ich Kameras und Objektive in meinem Besitz habe, die sowohl von der Bildqualität als auch von der Performance bessere Resultate liefern als die XT2. Und mir fällt es einfach schwer eine Kamera nur deswegen zu benutzen, weil sie leichter ist.
Die Gründe im einzelnen sind
- schlechtere AF Performance im Vergleich zu meinen Nikon Kameras. Dies betrifft vor allem die Zuverlässigkeit in schwierigen Lichtsituationen
- schlechtere Bildqualität im hohen ISO-Bereich. Irgendwie mag ich das Rauschen der XT2 nicht, klar auch andere Kameras rauschen bei hohen ISO-Werten aber da finde ich das nicht so störend. Auch empfinde ich den Verlust an Details grösser als bei meinen anderen Kameras.
- Ich mag den Crop-Sensor nicht. Ich dachte ich kann mich damit anfreunden, kann ich aber nicht.
- Inhomogene Bildqualität. Bilder die ich mit der Nikon mache und die ich mit der Fuji mache, sehen einfach anders aus. Farben und Kontraste kommen anders herüber. Das kostet mich in der Bildbearbeitung Zeit, da ich die Bilder aus der Fuji anders behandeln muss.